Sizilien 20014 — II
Die Anreise Teil 1
Wir trafen uns gegen 16 Uhr an der Fahrschule, tranken noch einen Kaffee und die große Reise ging los.
Das Verladen der Moppeds war für 17:15 bis 17:30 angesetzt, der Zug sollte um 18:36 abfahren.
Auf dem Weg nach Hildesheim erwischte uns eine kleine Regenschauer, wahrscheinlich eine Erinnerung daran, mein Visier mal zu putzen, sonst gab es nichts erwähnenswertes auf den 50 Kilometern..
Die Moppeds waren dann schnell verladen, man hat ja inzwischen Erfahrung, und wir stiefelten zum Bahnsteig.
Der Verlademeister hatte schon durchblicken lassen, dass der Zug etwas Verspätung hat, Details kannte er zu diesem Zeitpunkt aber keine.
Also überraschte mich die Anzeige mit den 60 Minuten Verspätung nicht wirklich, was ich aber nicht wusste, es würde die Rekordverspätung in meinem 16jährigen Daseins als Bahncard-Kunde werden.
Die angekündigte Verspätung schwankte zwischen 60 und 45 Minuten, dann wurden auf einmal 90 Minuten angezeigt. Als wir dann bei 105 Minuten waren kam die Durchsage, dass sich der Zug auf unbestimmte Zeit verspäten würde, und wir uns doch wieder zum Verladeterminal begeben sollten, dort wird es mehr Infos geben.
Gut, Klamotten anziehen, Rücksäcke schultern und wieder zurück.
Der Verlademeister ließ gruselige Sachen verlauten: Der Zug steht in Bad Bevensen mit technischem Defekt an einem Autowagon, der Notfallmanager ist vor Ort, eine Wagenmeister ist auf dem Weg, ausführliche Infos gegen 21 Uhr.
Notfallmanager klingt nicht nur blöd, nein, wenn der raus muss, ist der technische Defekt mehr als kaputte Glühlampe oder eine nicht richtig justierte Klimaanlage. Dieser Notfallmanager entscheidet dann auch über das weitere Vorgehen, im schlimmsten Fall wird der Zug vor Ort stillgelegt. Sicherheit geht bei der Bahn nun vor Pünktlichkeit, was zwar in dem Falle einer Urlaubsfahrt zwar mächtig nervig ist, aber als Bahnkunde weiß man es über die Jahre zu schätzen.
Gegen 21 Uhr gab es die Info, dass es keine neuen Infos gibt, dafür aber Fressgutscheine über 20 € pro Nase.
Und nun wurde es spannend:
Kunde Dumpfbacke schwebte unter der Decke zu den beiden DB Angestellten: Ich möchte sofort mein Motorrad wiederhaben, nein, ich unterschreib dafür keine Haftungsfreistellung, das ist Freiheitsberaubung – ich bin gegangen, so viel Dummheit tut weh.
Die Frage, wie er denn rückwärts an Kuh und Kälbchen vorbei kommen wolle, habe ich mir erspart.
Vor dem Terminal trafen sich dann die Experten, die meinten, wenn da ne Bremse nicht will, kann man die doch für die Achse stilllegen und weiterfahren. So mögen diese Experten vielleicht ihre Autos reparieren, bei der Eisenbahn steht da nen Bündel von Sicherheitsvorschriften davor.
Einer wusste dann auch zu berichten, dass die junge Generation keine Entscheidungen mehr fällen kann, und er hätte ja bis 72 gearbeitet, aber die junge Generation…
Echter Hackfressenalarm.
Irgendwann kam dann die Info, dass es auf alle Fälle weitergehen wird, nur die Frage des wann ist ungeklärt.
Das war der Startschuss zum Sturm auf die benachbarte Tankstelle, Geld wurde gegen Alkoholika und Bockwürste eingetauscht und das große Warten begann.
Es dürfte 22:30 Uhr gewesen sein, als die Durchsage kam: Der Autozug verspätet sich um 360 Minuten. REKORD!!!
Also Abfahrt gegen 00:30 Uhr.
Ankunft in Innsbruck – ungewiss.
Erreichen der Fähre in Genua – ungewiss.
Reicht das Bier bis zur Abfahrt (die Tanke hatte schon zu) – ganz gewiss. Wenigstens etwas. 😀
Gegen 0:30 Uhr fuhr dann tatsächlich der Zug ein.
Uns fielen erst mal die Fahrgäste entgegen, der Fahrzeuge auf dem beschädigten Autowagon standen. Dieser wurde in Hildesheim ausrangiert, für die Gäste war in Hildesheim das Ende der Reise erreicht. Die waren vielleicht mies gelaunt. 😀
Wir fanden unser Abteil, machten es uns gerade gemütlich, stand ein Ehepaar 60+ in der Tür, sie hätten dieses Abteil zur alleinigen Benutzung gebucht. Ja, wir auch, hier ist Wagen 252, bitte weitergehen.
Nein, wir sind im richtigen Wagen.
Also Fahrkarten verglichen. Wir waren natürlich richtig. Wie man allerdings Plätze 102/103 mit 21/22 verwechseln kann, was das Paar gemacht hat, bleibt mir schleierhaft – ich dachte, ich war angetrunken. 😀
Dann begann das große rangieren:
Den Zug aus Hamburg trennen, den defekten Wagon rausziehen, die Hildesheimer Wagons anhängen, den Rest vom Hamburger Zug auch noch hintendran und dann ging es gegen 2:00 Uhr los.
Kurz vor sieben wurden wir unsanft aus dem Schlaf gerissen:
Der Zug endet gegen 8:30 Uhr in München-Ost, eine Weiterfahrt an die ursprünglichen Zielorte ist wegen der hohen Verspätung quasi nicht mehr zu realisieren oder würde zu noch mehr Verspätung führen.
Sämtlich anfallende Kosten (Vignetten, Sprit …) erstattet DB Autozug.
DAS macht wach.
Sämtlich vorhandene Navis wurden befragt, wie man von München nach Genua kommt, wie lange das dauert, ob es zur Fähre reicht.
Wir entschieden uns dann für die Route von München durchs Allgäu über Lindau, Chur, den San Bernadino, Lago Maggiore, Mailand nach Genua. Ca. 650 Kilometer, 6:30 h Fahrzeit, drei Stunden Reserve für Pausen und Eventualitäten, die Fähre sollten wir schaffen.
Gegen 9:30 Uhr waren unsere Moppeds vom Zug und es ging los. Mit München haben wir zum ersten Mal eine Stadt erlebt, die tatsächlich den Stadtring noch besser mit Baustellen dicht machen kann als Braunschweig. Der Apfel fällt halt nicht weit vom Stamm. 😀
Die Fahrt nach Genua verlief recht entspannt, am Bernadino kam sogar so etwas wie Fahrspaß auf, obwohl wir die Ausbaustrecke mit Tunnel genutzt haben, nicht die Altstrecke und den Pass selbst, aber wir hatten ja ne Fähre zu erreichen.
Unsere Planung mit Strecke und Pausen ging hervorragend auf, wir erreichten das Fährterminal um 18:15 Uhr, eingecheckt, alles wird gut. 😀
Beim Verladen stellte ich dann fest, dass italienisch, von hinten hinterhergebrüllt und durch einen Sturzhelm wahrgenommen nicht zu den mir verständlichen Sprachen gehört. 😀
Irgendwo auf dem großen Platz vor der Fähre stand ein Einweiser und gestikulierte wild in alle Richtung. Die vier Moppeds vor uns, drei davon 12er GSen, fuhren los, er winkte mir zu, also fuhr ich hinterher. Als ich an der Figur vorbei war, fing das Gezeter an, auf anhalten hatte ich keinen Bock, war ja eingewiesen, also ab aufs Schiff.
Dort vermisste ich dann Sabine, obwohl sie ja eben noch hinter mir war.
Wir fanden auf Deck sieben wieder zusammen, wo mir dann auch das italienisch, von hinten gebrüllt und durch den Helm wahrgenommen von Ihr übersetzt wurde. Ich sollte nicht den anderen hinterherfahren sondern auf ein anderes Deck. Naja, so schlimm kann’s nicht gewesen sein, mich hat keiner runter geschickt.
Außerdem mag ich Kuh lieber bei drei anderen GSen stehen lassen, als wie das arme Kälbchen, was neben Harleys angebunden wurde. 😀
Nach diesem italienisch Kurs suchten und fanden wir unsere Präsidentensuite – URLAUB!!!
Es gab noch kurz lauwarme Nudeln aus dem Selbstbedienungsrestaurant, dazu ein Bier, und dann ging es ab in Betten, ausgiebig Schlaf nachholen.
Bis zum Sonnenaufgang.