Südtirol 2015

Südtirol 2015

Anrei­se

Am 24.6. gab es gegen 15 Uhr einen neu­en Hin­ter­rei­fen, die Sachen waren schon gepackt, so dass ich gegen 16 Uhr von Braun­schweig gen Eichsfeld auf­bre­chen konn­te. Die 90 Minu­ten Fahrt ver­lie­fen ohne beson­de­re Vor­komm­nis­se, bis auf dass ich mich an den neu­en Rei­fen gewöh­nen musste.

Der wei­te­re Plan sah vor, am 25.6. in aller Herr­gotts­frü­he gen Süd­ti­rol auf­zu­bre­chen. 700 Kilo­me­ter Fahrt wol­len geschafft wer­den, und das am bes­ten, bevor die Bet­ten­wechs­ler den Reschen­pass zustauen.
Gegen 3:30 Uhr riss mich ein Gewit­ter aus dem Schlaf, so dass ich zumin­dest den Wecker nicht über­hö­ren konn­te. Eine hal­be Stun­de spä­ter hör­te der Regen auf, was ich zum Anlass nahm, mei­ner Motor­rad­kluft anzu­zie­hen und um 4:15 Uhr zu starten.
Auf der Land­stra­ße ging es über Mühl­hau­sen und Eisen­ach nach Mei­nin­gen, wo ich auf die Auto­bahn wech­sel­te. Nach einem kur­zen Tank- und Kaf­fee­stop bei Mellrich­stadt, begann die gefühlt end­lo­se Autobahnfahrerei.
Um 8 Uhr gab es einen Stram­men Maxen zum Früh­stück, dazu ein Kaf­fee der mich nicht wirk­lich wacher mach­te sowie ein gro­ßes Wasser.
Dann ging die Auto­bahn­gur­ke­rei bis cir­ka 10 Uhr wei­ter, wo ich dann auf die Land­stra­ße wech­sel­te, und dem Navi die Rou­ten­pla­nung über­ließ, was es zu mei­ner vol­len Zufrie­den­heit erle­dig­te. Kaum Bun­des­stra­ßen, dafür bes­se­re Wirt­schafts­we­ge mit lus­ti­gen Kurven.
Es ging irgend­wie nach Öster­reich rein, von dort durchs Lech­tal, über das Hahn­ten­joch zum Reschen­pass und nach Süd­ti­rol “run­ter”.
In Mals ange­kom­men, war der Cam­ping­platz schnell gefun­den. Ein­che­cken, nach zehn Stun­den raus aus den Motor­rad­kla­mot­ten, Zelt auf­ge­baut und Cap­pu­chi­no bestellt. Alles war nach Plan gelau­fen, und ich konn­te gegen 15 Uhr mit einem Cap­pu in der Hand die Ber­ge angucken.
Lang hielt die Ruhe nicht, denn das Stilfser Joch mit sei­nen berühmt-berüch­tig­ten 48 Keh­ren ist 35 Kilo­me­ter vom Cam­ping­platz entfernt.
Also rein in die Kla­mot­ten, ab aufs Mop­ped und mal kurz am Hahn gedreht, die 48 Keh­ren hoch, ein Stück berg­ab, rechts rum, über den Umbrail run­ter nach Müs­t­a­ir und zum Zelt­platz zurück. Um 17 Uhr war das dann auch erle­digt und nach nem kur­zen Abend­essen ging es in den Schlaf­sack, der Tag war anstrengend.

Ers­ter Tag

Mor­gen­stund hat Gold im Mund — zum Auf­wär­men kurz unter die Dusche gesprun­gen, ich hat­te die Nacht­tem­pe­ra­tu­ren etwas unter­schätz, ein Cap­pu­chi­no zum Früh­stück, rein in die Motor­rad­kla­mot­ten und auf ins Vergnügen.
Das Stilfser Joch war gen 8:45 Uhr bei strah­len­dem Son­nen­schein erklom­men. Es ist erstaun­lich, wie vie­le Per­so­nen mit Fahr­rä­dern sich die­sen Berg hoch­quä­len — und damit den Motor­rad­fah­rern im Wege rumstehen/fahren.
Rich­tung Bor­mio ging es abwärts, ein gro­ßer Teil des Tales lag im Schat­ten, so dass es spür­bar frisch wur­de. Kurz vor Bor­mio bog ich rechts ab, um über Vald­iden­tro nach Livi­gno zu kom­men, der Tank war näm­lich aus­rei­chend leer um einen Abste­cher n die zoll­freie Zone zu machen.
Auf dem Weg dort hoch kam es mit vor, als hät­te halb Ita­li­en die glei­che Idee, ein Ver­kehr wie zur Fei­er­abends­zeit auf dem Braun­schwei­ger Ring.
In Livi­gno wur­de das gute Super für 1,08 €uro­nen getankt — für Ziga­ret­ten kau­fen war kei­ne Zeit, heu­te stand Motor­rad­fah­ren auf dem Plan. (In Livi­gnio gibt es übri­gens auch Kin­der die dem Ball hin­ter­her­ren­nen wenn er auf die Stra­ße rollt — natür­lich ohne auf den Ver­kehr zu achten.)
Über die Schweiz ging es dann wie­der nach Süden gen Tira­no, was aller­dings wie­der in Ita­li­en liegt. Dort gab es eine eher mit­tel­mä­ßi­ge aber dafür haus­ge­mach­te Lasa­gne zum Mittag.
Wäh­rend der Pau­se beschloss ich, die Tour zur Tour der zehn Zwei­tau­sen­der zu erweitern.
Mit dem Stilfser Joch, dem Fos­ca­g­no, For­co­la und Eire hat­te ich schon vier Zwei­tau­sen­der, der Ber­ni­na und Ofen lagen eh auf dem Rück­weg, der Albu­la ist immer einen Abste­cher wert, über den Flüe­la nach Zer­nez, wobei ich den mit dem Julier ver­wech­sel­te, so dass ich in St. Moritz lan­de­te, und zu guter Letzt über den Umbrail und das Stilfser Joch zum Zeltplatz.
Der Albu­la ist schma­ler, lang­sa­mer und gera­de auf der nörd­li­chen Abfahrt sehr ver­win­kelt. Eigent­lich ein schö­ner Pass, es sei denn, ein Ein­hei­mi­scher beschließt mit sei­nem Auto Motor­rad­fah­rer zu ärgern. Da blieb mir nichts ande­res übrig, als mit Kuh doch etwas schnel­ler zu fah­ren als geplant — weil von einem Auto über­holt wer­den, das geht ja nun gar nicht.
Der Julier­pass ist nett zu fah­ren, guter Stra­ßen­be­lag, wei­te Spitz­keh­ren und arsch­kalt. Also ein­fach nur drü­ber, ab ins wär­me­re Tal.
Die Anfahrt zum Ofen­pass hat­te sich durch mei­nen Ver­wechs­ler etwas ver­län­gert, meis­tens lang­wei­li­ge Stra­ßen. Der Ofen selbst ist auch eher unspek­ta­ku­lär, auch kalt, aber gut zu fahren.
Der Umbrail, inzwi­schen kom­plett geteert, ist gera­de in der Ser­pen­ti­enen­be­rei­chen doch eher was für ver­sier­te Motor­rad­fah­rer. Die Stra­ße ist dort teils nur drei Meter breit, teils sehr steil, da soll­te man schon ohne gro­be Feh­ler hoch­kom­men. Gera­de wenn einem die obli­ga­to­ri­schen Post­bus­se entgegenkommen. 🙂

Die Abfahrt vom Stilfser Joch über die 48 Keh­ren war für mich etwas spe­zi­ell von den Vor­aus­set­zun­gen. Ich bin die Sei­te zwar schon öfters hoch, aber bis­her nur ein­mal run­ter­ge­fah­ren, bei Nebel, feuch­ter Stra­ße, ohne Ahnung wie mach Keh­ren fährt — kurz­um — damals vor acht Jah­ren hat­te ich von der Sei­te die Schnau­ze voll.
Schlech­te Erfah­run­gen sind aber nun­mal dazu da, von posi­ti­ven aus­ge­löscht zu wer­den — also auf ins Vergnügen.
Nach kur­zer Zeit waren wir zu dritt. Vor­ne eine F800R mit einem Ita­lie­ner, in der Mit­te ich mit mei­ner 1150er GS und hin­ter mir eben­falls eine 1150er GS.
Ohne genau­er auf die Details ein­zu­ge­hen, die Abfahrt war in Ordnung. 😀
Es ist ein­fach schön, wenn sich Motor­rad­fah­rer zufäl­lig auf der Stre­cke tref­fen, und man dann 20 Kilo­me­ter fährt, als wür­de man seit zehn Jah­ren zusam­men fahren.

Gegen 17 Uhr am Zelt­platz ange­kom­men, habe ich mir dann ein paar Knö­del mit Pfif­fer­lin­gen zu Abend gegönnt und mich hin­ge­setzt, die­sen Bericht zu schreiben.
Was mor­gen pas­sie­ren wird — ich weiß es nicht, mal schau­en, was mir so einfällt.
Mist, irgend­wer raun­te hier gera­de Gavia. 😀

Zwei­ter Tag

Der Tag fing ganz unbe­re­chen­bar an. Ich fuhr über das Stilfser Joch nach Livi­gno zum Tanken. 😀
Halt Stop!
Auf der Abfahrt vom Stel­vio über­hol­te ich fünf Tsche­chen, die mit ihren Old­ti­mer Jawas unter­wegs waren, sol­che wie mein Vater auch mal eine hatte.
Das sind ech­te Abenteurer.

Nach­dem das Tan­ken erle­digt war, wand­te ich mich gen Süden und steu­er­te den Gavia an.

Der Gavia­pass ist mei­ner Mei­nung nach der schwie­rigs­te und damit auch anstren­gends­te Pass unter den asphal­tier­ten Stra­ßen der Alpen.
Die Stra­ße ist im Nor­mal­fall 2,50 Meter bis 3,50 Meter breit, weißt kei­ner­lei Rand­be­fes­ti­gun­gen auf, und das, obwohl es 20 Zen­ti­me­ter neben der Stra­ße hun­der­te Meter in den Abgrund geht und ist grund­sätz­lich in einem mise­ra­blen Zustand.
Die Kur­ven und Keh­ren sind eng und unüber­sicht­lich, das dort wei­den­de Vieh nutzt die Stra­ße auch als Ver­bin­dungs­weg nach nir­gend­wo und die Fol­gen von Stein­schlä­gen oder Erd­sen­kun­gen fin­det man in der Regel auch irgendwo.
Wer den Pass das ers­te Mal fah­ren will und nicht weiß, wie er auf die Abhän­ge reagiert, dem emp­feh­le ich von Süden her den Pass anzu­fah­ren, da ist man zu 90% am Berg, nur zu 10% am Abhang. 😀
Ich fahr den Gavia ger­ne, weil er in Sum­me immer wie­der eine Her­aus­for­de­rung dar­stellt, was Wet­ter, Stra­ße und das eige­ne Kön­nen anbelangt.

Nach dem Gavia gab es eine lecke­re Piz­za Calzone.
Im Anschluss dar­an gab es auf dem Weg zum Tona­le, ein eher unspek­ta­ku­lä­rer Pass, eine Lehr­stun­de in “Man über­holt Georg und sei­ne GS nur dann, wenn man wirk­lich schnel­ler ist.”.
Zwei Slo­wa­ken über­hol­ten mich hel­den­haft auf einer Gera­den mit 120 km/h. Klar, wenn mir die Ver­kehrs­re­geln kom­plett egal wären, wäre das nicht pas­siert, aber man ist ja anstän­dig. Als die Kur­ven des Tona­le kamen, hat­te ich bei­de wie­der vor mir. Der Zwei­te war an der Stel­le schon vom Tem­po über­for­dert. Die Links­kur­ven fuhr er fast mit­tig an, womit er regel­mä­ßig auf der Gegen­spur lan­de­te. Nach den Rechts­kur­ven muss­te er regel­mä­ßig zu sei­nem Vor­der­mann aufschließen.
War sein Vor­der­mann auf Grund eines Über­hol­ma­nö­vers weg, klapp­te mit den Kur­ven noch weni­ger. Er sah es ein und ließ mich vorbei.
Sein Kum­pel war schon bes­ser unter­wegs. Er fuhr die Kur­ven sau­be­rer, war aber auch an sei­ner Leis­tungs­gren­ze, also ließ er mich dann auch irgend­wann vorbei.

Nur um das kurz klar­zu­stel­len: Ich bin weder ein Raser noch will ich jeman­den zu irgend­was nötigen.
Aller­dings hat man nach 200.000 Kilo­me­tern auf einem Motor­rad der­ma­ßen viel Erfah­rung und Gespür für Kur­ven und Geschwin­dig­kei­ten, da fällt es ande­ren schwer, mit­zu­hal­ten, bzw. das glei­che Tem­po zu gehen.

Nach dem Tona­le kam der Gam­pen­pass. Kein wil­der Pass, ob sei­ner knapp 1.600 Metern kom­plett im Wald gele­gen, wenig Keh­ren, vie­le “nor­ma­le” Kur­ven, man könn­te sagen, fast wie im Harz.

Für den Rück­weg, der von Meran direkt nach Mals gehen könn­te, pack­te ich noch das Pen­ser Joch und den Jau­fen­pass dran — womit man auch in Meran landet. 😀
Das Pen­ser Joch ist im unte­ren Bereich etwas wink­lig in einer Schlucht gele­gen, aber aus­rei­chend schnell zu fah­ren. Dann geht es über lan­ge Stre­cken ent­spannt im Tal hin­auf nur kurz vor der Pass­hö­he gibt es noch ein paar Kur­ven nd Kehren.
Die Abfahrt ist ähn­lich ent­spannt, nur mit ein paar mehr Kehren.
Wer noch nie im Hoch­ge­bir­ge unter­wegs war und nen schö­nen 2000er fah­ren will, der ist mit dem Pen­ser Joch gut beraten.

Der Jau­fen­pass gehört auch in die Kate­go­rie der ein­fa­che­ren Päs­se. Die Stra­ße ist gut aus­ge­baut, die Keh­ren sind breit, die Kur­ven größ­ten­teils über­sicht­lich, es ist nur etwas mehr Ver­kehr als auf dem Pen­ser Joch.
Ob man ihn von Ster­zing oder Meran aus fährt, nimmt sich nicht viel. Der ein­zi­ge Unter­schied ist, von Meran aus freut man sich auf den Pass, was die gefühlt ewig lan­ge Anfahrt erträg­lich macht. Anders­rum war ich nur am Fluchen. 😀
Der Rück­weg von Meran nach Mals war eher trö­ge, es geht halt nur das Vinsch­gau hoch, auf einer hoff­nungs­los über­las­te­ten Stra­ße, bei Tem­pe­ra­tu­ren, die um 18 Uhr auch noch kei­nen Spaß machen.

Alles in allem war es wie­der ein inten­si­ver Motor­rad­tag — mor­gen ist dafür arbeits­frei für Kuh, bis auf, dass wir kurz in die Werk­statt müs­sen, das Brems­licht ist defekt.
Die quiet­schen­den Rei­fen hin­ter einem, weil jemand zu spät bremst, gehen einem irgend­wann auf die Nerven. 😀

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